Kleine Kunstwerke auf Blättern
Ich liebe panaschierte Sorten! Je auffälliger die Blätter mit den ausgefallenen weißen Flecken dekoriert sind, umso verzauberter bin ich.
Aber was genau bedeutet „panaschiert“ und was sollte man bei panaschierten Pflanzen beachten?
Das Phänomen
Panaschierte Sorten weisen auf den Blättern weiße und schattierte Muster auf, die zum Teil wie Marmorierungen wirken. Häufig sind auch kleine Sprenkel und Punkte zu sehen und oft sind auch die Stiele und Blüten panaschiert. Ein einzigartiges Phänomen, das jede Pflanze mit ihren kleinen Kunstwerken auf den Blättern zu einem Unikat macht.
Was wenige wissen: Mit den weißen Blattteilen können die Pflanzen kein Chlorophyll bilden und sind ähnlich wie Albinos sonnenempfindlich. Je mehr Weißanteil eine Pflanze hat, umso schwieriger ist es für sie, mit den wenigen grünen Blattteilen Photosynthese zu betreiben. Die Pflanze schafft es dennoch gesund zu wachsen und Früchte auszubilden, auch wenn bei den stark panaschierten Pflanzen die Ernte eventuell etwas später ausfällt.
Panaschierte Raritäten
Unter den über 20 000 Tomatensorten gibt es nur sehr wenige, stabile Sorten mit panaschierten Blättern. In meiner Sammlung habe ich momentan 27 panaschierte Schätzchen, die ich aus mehreren Ländern zusammen gesucht habe. Wusstet ihr, dass es sogar samtige (ich finde diesen Ausdruck treffender als „behaarte“) Blätter mit Panaschierung gibt?
So wie es scheint wird die Erbinformation für panaschierte Blätter eher rezessiv vererbt, so dass es für Züchter schwieriger ist, diese Eigenschaft zu stabilisieren. Auch bei der Saatgutgewinnung sollte man einiges beachten, aber mehr dazu später.
Aussaat und Selektion
Warum säe ich von panaschierten Sorten mehr Samen als von anderen Sorten?
Die Intensität der Panaschierung kann stark variieren. Deswegen säe ich einige Samen mehr aus und selektiere die hübschesten Pflanzen mit den schönsten Mustern, um sie dann weiter zu vermehren.
2020 habe ich zum Beispiel von der panaschierten Moonlight Mile Pink Saatgut von nur einer Frucht zur Probe gesät. Obwohl die Samen alle aus der gleichen Frucht stammten, kamen unterschiedliche Ergebnisse heraus: Manche Pflanzen enthielten weniger weiße Flecken und die Blätter hatten mehr Grünanteil. Andere Pflanzen hingegen waren richtig hübsch panaschiert. Diese habe ich dann weiter vermehrt.
Es lohnt sich also, die Jungpflanzen auf die Eigenschaften der Blätter hin zu selektieren.
Die panaschierten Blätter erscheinen übrigens meist erst mit dem ersten richtigen Blattpaar, manchmal auch erst mit dem zweiten Blattpaar. Bei jeder Aussaat warte ich ganz gespannt auf das Ergebnis.
Der richtige Standort
Auch wenn es unglaublich erscheint: Man kann bis zu einem gewissen Grad die Stärke der Panaschierung beeinflussen.
Bei einem hellen und kühlen Standort bildet die Pflanze mehr panaschierte Blätter aus. Wichtig dabei ist das natürliche Licht, unter Kunstlicht (auch bei sehr hellen Lampen) bildet die Pflanze nach einer Zeit mehr grüne Blätter.
Ich habe ein wenig experimentiert, um zu schauen, ob es tatsächlich so ist. Meine panaschierten Pflanzen habe ich zunächst unter Kunstlicht gezogen. Manche Sorten waren von Anfang richtig intensiv panaschiert, wie zum Beispiel die Moonlight Mile, andere Pflanzen wie die Variegated Dragon hingegen nur leicht. Nach ein paar Wochen sind die panaschierten Jungpflanzen in den hellen und kühlen Wintergarten umgezogen. Jetzt, nach circa 2 Wochen, habe ich festgestellt, dass die neuen Blätter der wenig panaschierten Pflanzen, viel mehr Weißanteil haben als vorher. Ich vermute, dass vor allem die kühleren Temperaturen dafür sorgten.
Manche der fast weißen Blätter weisen sogar eine lila Färbung auf, die wahrscheinlich ebenfalls durch Kälte und Sonneneinstrahlung verursacht wurden. Ich denke, dass sie durch Anthocyan entstanden sind.
Letztes Jahr im Hitzesommer konnte ich ähnliches feststellen: die panaschierten Pflanzen produzierten im Hochsommer viele grüne Blätter nach. Ellie von Bunny Hop Seeds hat dies so erklärt: Die Hitze löst bei der Pflanze Stress aus und sie versucht sich zu schützen in dem sie die leeren Chloroplasten mit Chlorophyll auffüllt. Das heißt, die nachwachsenden Blätter werden grün. Ist es nicht faszinierend, wie sich die Pflanzen auf die Bedingungen einstellen können?
Saatgutgewinnung
Es wird vermutet, dass die Erbeigenschaft der panaschierten Blätter vor allem weitergereicht wird, wenn die Früchte an stark panschierten Trieben gewachsen sind. Das heißt für die Saatgutgewinnung, dass man die panaschierten Sorten möglichst zeitig säen sollte, damit man schon Früchte ernten kann, bevor die Hitze im Hochsommer die Blätter grün werden lässt. Dass man zuvor aus mehreren Keimlingen die Pflanzen mit der schönsten Färbung selektieren sollte, ist Voraussetzung für ein gutes Ergebnis bei der Folgegeneration.
Projekt „Panaschierte Purple Smaragd“
Im Jahr 2020 hat sich übrigens ein einzigartiges Exemplar der Purple Smaragd bei mir eingeschlichen. Sie hatte panaschierte Blätter und zum Teil auch panaschierte Früchte. Ich habe es mir zum Projekt gemacht, diese hübschen Eigenschaften zu stabilisieren. Ich bin schon sehr auf die F3-Generation gespannt!
Mehr dazu werde ich demnächst in einem neuen Artikel verraten.
Auf den Geschmack gekommen? Schau dich doch mal im Shop um!
Hallo lebe seit April in Hua Hin Thailand und auf meinem Grundstück ist eine panachierte Aubergine aufgegangen und mittlerweile einen Meter hoch und produziert viele große Früchte. Den Rat mit der Samen Vermehrung werde ich berücksichtigen. Danke für den informativen Bericht. LG Horst
Hallo Horst,
das hört sich ja spannend an mit der panaschierten Aubergine. Ich wünsche mit der Vermehrung viel Erfolg.
Liebe Grüße
Steffi
Hallo Horst,ich würde gern Samen von so einer Pflanze erwerben,ist das möglich?
Hallo Steffi?
….wenn es die panaschierten Blätter schwerer haben, die Pflanze mit Nährstoffen zu versorgen, wie ist es dann um den Nährstoffgehalt der Ernte bestellt? Haben die Früchte den gleichen Gehalt wie alte Sorten?
Und wie ist es um die die Samengewinnung bestellt? ich habe gelesen, dass panaschierte Pflanzen weniger widerstandsfähig sind, öfters eingehen und gekreuzte Pflanzen nicht mehr vermehrungsfähig sind…- dafür die alten Sorten gefährdet sind und es passieren kann, dass man irgendwann Schwierigkeiten damit haben könnte, überhaupt noch die eine oder andere Gemüse-,Obst- oder Pflanzenart anzubauen, was ja Ernteausfall bedeuten würde?
Habe auch gelesen, dass die Hybridisierung die Insekten verwirrt und sie nichts damit anfangen können. ist das Panaschieren auch eine Art Hybridisierung? Ich kenne es bisher nur als Stecklinge-Setzen. habe zu wenig Ahnung von genetischem Variieren (Variegation).
Kennst du hierzu aussagekräftige wissenschaftliche Studien oder wurde sich noch nicht hinreichend damit auseinander gesetzt? Würde mich sehr interessieren…, aber finde im Netz nichts Eingehenderes dazu.
Viele Grüße, Mel
ps….sorry für die Schreibfehler, leider gibt es keine Funktion zum Korrigieren.